Das Forschungsprojekt PallPan
Hintergrund und Kurzinformation
Betreuung von Schwerkranken und Sterbenden in einer Pandemie: Abwägung zwischen Schutz und Nähe.
Besonders in der ersten Welle der SARS-CoV2-Pandemie fokussierten sich die Aktivitäten der medizinischen Versorgung v.a. auf die Einrichtung von Intensivbetten und Bereitstellung von Beatmungskapazitäten für akut COVID-19 Erkrankte. Trotz des in Deutschland abgeschwächteren Verlaufs verstarben über 92.800 Menschen an bzw. mit COVID-19 (Stand 16.09.21). Die Corona-Pandemie hat in vielen Bereichen zu räumlicher Distanz geführt und menschliche Nähe eingeschränkt. Vor allem in der Begleitung von schwerkranken und sterbenden Menschen haben die Betroffenen selbst und ihre Angehörigen dies als sehr schmerzvoll und häufig traumatisierend erlebt. Das bestätigen umfassende Studien des Forschungsverbundes Palliativversorgung in Pandemiezeiten (PallPan). Als Antwort darauf hat PallPan die Nationale Strategie für die Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen und ihren Angehörigen in Pandemiezeiten entwickelt. Herzstück bilden konkrete Handlungsempfehlungen, wie in der aktuellen und in zukünftigen Pandemien insbesondere Nähe am Lebensende ermöglicht werden kann.
Wer & Was ist PallPan?
PallPan ist ein Verbund aus 13 universitären palliativmedizinischen Einrichtungen in Deutschland. Mit weitere Einrichtungen und Menschen, die im Bereich Palliativmedizin & Hospizarbeit forschend aktiv sind, wird eng kooperiert. Der Forschungsverbund wurde im Rahmen des Netzwerkes Universitätsmedizin (NUM) gegründet und vom Bunidesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. In der Corona-Pandemie 2020/2021 hat das PallPan-Konsortium mehrere Forschungsprojekte zum Thema „Palliativmedizin & Hospizarbeit in einer Pandemie“ umgesetzt mit dem Ziel, Belastungen, Probleme und Lösungsansätze zu erfassen. Hauptziel ist die Entwicklung und stetige Aktualisierung einer nationalen Strategie Betreuung, schwerkranker, sterbender, sowie verstorbener Erwachsener und deren Angehörige in Pandemiezeiten in Deutschland, welche im Juni 2021 erstmals publiziert wurde. Für alle Versorgungsbereiche, die schwerkranke und sterbende Menschen behandeln und begleiten, wurden gemeinsam Handlungsempfehlungen und Informationsmaterial zur Palliativversorgung von Patienten mit/ohne Infektion erstellt.
Was ist das Ziel von PallPan?
Ziel des Projektes ist die Entwicklung und Konsentierung einer nationalen Strategie für die Betreuung schwerkranker, sterbender Erwachsener und deren Angehörige in Pandemiezeiten mit
- Handlungsempfehlungen zur allgemeinen und spezialisierten Palliativversorgung von Patient*innen mit/ohne Infektion
- Sammlung und Entwicklung von Informationsmaterial für eine in Vorbereitung befindliche Online-Informationsplattform sowie
- Identifikation von Variablen zur wissenschaftlichen Erfassung der Palliativversorgung in Pandemiezeiten für die vom Nationalen Forschungsnetzwerk Universitätsmedizin initiierte Forschungsdatenbank.
Wie ist die Nationale Strategie entstanden?
Um die drei Hauptziele des Projektes zu erreichen hat PallPan 16 Studien innerhalb von neun Monaten durchgeführt und über 1.700 Betroffene, Versorgende und Verantwortliche im Gesundheitssystem und in der Politik nach ihrer Erfahrung gefragt und deren Aussagen systematisch untersucht und ausgewertet.
Dabei hat der Forschungsverbund Palliativmedizin in 10 verschiedenen Arbeitspaketen parallel die verschiedenen Aspekte der Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen und ihren Angehörigen in der aktuellen Pandemiesituation aufgearbeitet.
Hier geht es zu den Studienergebnisse
Auf Basis dieser Ergebnisse und mit Hilfe von 120 Expert*innen aus verschiedenen Bereichen von Gesundheitswesen, Verwaltung und Politik wurde die nationale Strategie für die Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen und ihren Angehörigen in Pandemiezeiten erstellt. Kernstück der Strategie sind 33 konkrete Handlungsempfehlungen, wie im Falle künftiger Pandemien eine adäquate Begleitung schwerkranker und sterbender Menschen ermöglicht werden kann.
Nach der Veröffentlichung der Handlungsempfehlung kümmert sich der PallPan-Verbund um weitere Vorhaben in einem zusätzlichen Arbeitspaket (AP11). Hier wird eine webbasierte Plattform zur Darstellung aller Handlungsempfehlungen mit Umsetzungsbeispielen aufgebaut, Unterstützungsmaterialien für trauernde Angehörige sowie Mitarbeitende in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern entwickelt, PallPan in eine „Nationale Pandemic Prepardness“ für das deutsche Gesundheitswesen integriert und ein interaktives Trauerportal für Hinterbliebene von in der Pandemie Verstorbenen entwickelt.
Welchen Mehrwert generiert das Projekt?
Für eine zukünftige Vorbereitung auf neue/weitere Pandemien („Pandemic Preparedness“) sind nationale Empfehlungen und Konzepte notwendig, die sowohl die allgemeine als auch die spezialisierte ambulante wie stationäre Palliativversorgung im Blick haben. Damit soll gewährleistet werden, dass eine qualitativ hochwertige Begleitung am Lebensende und beim Abschiednehmen unter erschwerten Umständen einer Pandemie möglich ist. Das Ergebnis des Projekts, eine konsentierte nationale Strategie für die Mikro-, Meso- und Makroebene zur allgemeinen und spezialisierten Palliativversorgung von infizierten und nicht-infizierten Patienten in den letzten Lebensmonaten und in der Sterbephase in einer Pandemiesituation mit unterschiedlichen Szenarien, trägt hierzu wesentlich bei.
Ergebnisse und Handlungsempfehlungen
Patient*innen und ihre Angehörigen wünschen sich nach den Befragungsergebnissen vor allem eines für die Zukunft: Nähe am Lebensende auch in einer Pandemie zu ermöglichen. Hierfür braucht es abgewogene Besuchsregelungen für Einrichtungen wie Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, aber auch einen rechtlichen Rahmen, den die Politik schaffen muss. Einzelfallentscheidungen und klar definierte Ausnahmeregelungen haben sich als eine praktikable und hilfreiche Strategie bewährt und sollten überall genutzt werden. Mitarbeitende in der Versorgung brauchen vor allem ausreichend Schutz vor Infektionen, aber eben auch grundlegende palliativmedizinische Kenntnisse und psychosoziale Unterstützung in herausfordernden Situationen, z.B. auf der Intensivstation oder Pflegeheimen. Von Seiten der Politik sowie der Kliniken und Pflegeeinrichtungen muss darauf geachtet werden, dass die Palliativversorgungsstrukturen auch und gerade in einer Pandemiesituation aufrecht erhalten bleiben.
Die fertiggestellten Handlungsempfehlungen finden Sie nach Themen oder Zielgruppen sortiert auf dieser webbassierten Plattform oder hier als PDF-Datei zum Download.
Was ist das NUM?
Nationales Forschungsnetzwerk der Universitätsmedizin zu Covid-19-Patient*innen optimal versorgen, Infektionen verhindern, Gesundheitsversorgung erhalten: Die Covid-19-Pandemie bringt Herausforderungen mit sich, die innerhalb kurzer Zeit neue Handlungsstrategien erfordern. Das Nationale Forschungsnetzwerk der Universitätsmedizin zu Covid-19, kurz Netzwerk Universitätsmedizin (NUM), bündelt und stärkt Forschungsaktivitäten zur Bewältigung der aktuellen Lage. Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, koordiniert durch die Charité – Universitätsmedizin Berlin, arbeitet das Forschungsnetzwerk unter Beteiligung aller deutschen Universitätsklinika und weiterer Netzwerke an Lösungen für eine bestmögliche Patient*innenversorgung in der Pandemie. 13 umfängliche Verbundprojekte mit Leitungen an den verschiedenen Standorten der Universitätsmedizin sind hierfür konzipiert worden. Das Programm ist auf schnelle, unmittelbare Unterstützungswirkungen ausgerichtet. Ein Akzent liegt auf der kliniknahen Forschung und Versorgungsforschung, deren Ergebnisse gemäß dem translationalen Ansatz direkt in Versorgung und Krisenmanagement einfließen. Dem Forschungsnetzwerk und den beteiligten Einrichtungen stehen zur Umsetzung dieser Aufgabe rund 150 Millionen Euro im ersten Jahr bereit, ab 2021 soll das Netzwerk bis zum Jahr 2024 mit weiteren 80 Millionen Euro jährlich bzw. zusätzlichen 240 Millionen Euro gefördert werden. Die gemeinsamen Entwicklungen in Forschung und Patient*innenversorgung, evidenzbasiertes Vorgehen sowie gegenseitiges Lernen sollen zu einem gemeinsamen Vorgehen bei der Pandemiebekämpfung und einer „Pandemic Preparedness“ führen.
Weitere Informationen: www.netzwerk-universitaetsmedizin.de
Das PallPan-Team















